Beeckerwerther BrückeHeute Morgen war der Sprecher des Zentralrates der Muslime Aiman Mazyek im „mo:ma“ – ZDF-Morgenmagazin bei Anja Heyde zu Besuch und hat mir so tief aus der Seele gesprochen, dass ich hier einmal darauf eingehen möchte.
Er spricht davon, dass der Krieg gegen den Terror, in der jetzigen Form, in eine Sackgasse geführt hat. Weil es ihm natürlich hauptsächlich um die Schuldzuweisungen gegen den Islam geht, spricht er zwar immer davon, dass es in den letzten 15 Jahren seit 9/11 so ist.
Ich finde allerdings, dass genau dieser Umgang schon sehr viel länger „gepflegt“ wird. Nehmen wir zum Beispiel Palästina und Israel. Ganz klar sei erwähnt, dass ich grundsätzlich gegen terroristische Gewalt bin und keinerlei Sympathien für diese Mörder entwickeln kann. Aber ich sehe auch, dass gerade die palästinensische Mehrheit dort keine Stimme hat, die gehört wird. Dass sie in jeder Lebenslage entmündigt sind, entmündigt in ihrem eigenen, angestammten Land, dem Land ihrer Väter – sie sind kollektiv „in die Ecke“ gedrängt und entmündigt in jeder Hinsicht, auch und gerade in staatlicher und wirtschaftlicher Hinsicht. Das ist keine Rechtfertigung dafür, dass Unschuldige getötet werden, aber ich sehe auch, dass die einzige Stimme, die noch gehört wird, die Stimme des Terrors ist. Terror; den sie den „verhassten Besetzten“ bringen. Eine Versöhnung ist dort schon seit vielen, sehr vielen Jahren überfällig. Eine Versöhnung, die ein mit-einander-reden und vor allem gegenseitige Achtung unbedingt einschließt. Eine Versöhnung die den Palästinensern eine friedliche Stimme eröffnet, die dann auch „laut“ vernommen und beachtet wird. Natürlich kann man nicht mehr mit denen reden, die sich radikalisiert haben, aber man muss aufhören nur in schwarz/weiß-Kategorien zu denken und jede Kritik damit ersticken wollen, dass man den „Absender“ in eine „bestimmte Ecke“ abschiebt und damit Mundtod machen will. Damit trieb und treibt man jene nur weiter den Radikalen in die Hände.
Seit den Anschlägen vom 09. September ist nun natürlich global der islamistische Terror „das Problem“, worum es auch bei Fr. Heyde ging. Aber hier machte Herr Mazyek heute Früh sehr eindringlich klar, man darf auf keinen Fall dem Islam (an-sich) ein Terror-Problem unterstellen.:

… wenn man das tut, würde man eine Generalverdachtsdebatte anregen, und das ist genau das, was die Terroristen wollen. Die wollen einen Spalt-Pilz zwischen den Gesellschaften. Sie wollen zwischen den Muslimen und Nicht-Muslimen trennen. Und wenn wir diese Diskussion so weiterführen, dann stärken wir Rechtsradikale, dann stärken wir Fundamentalisten, dann stärken wir insbesondere auch die Terroristen…
… Terror ist eine Todsünde im Islam, Terror ist Gotteslästerung…

Herr Mazyek spricht es aus und scheut sich auch nicht, die andere Seite der gesellschaftlichen Engstirnigkeit in den Mund zu nehmen. Den auch die Vertreter des rechten Gedankenguts nutzen die gleichen Mechanismen.
Kauen BaustelleDie tolerante Kultur der Politik in der Bonner Republik weicht leider zunehmend einem bornierten schwarz-weiß-denken in der „Berliner Republik“ – und das leider nicht nur in der Politik. Hier ist es wegen der „Vorbildwirkung“ allerdings besonders katastrophal. Auf Ängste wird nicht ausreichend eingegangen, Hilfeangebote nicht angenommen. Stattdessen werden diese Stimmen zunehmend diskreditiert. Auch Fr. Heyde brauchte heute Früh etwas länger, um von ihren pauschalen Verknüpfung abzulassen und ging auf die Aussage von Herrn Mazyek erst nach mehrfachen Einwürfen ein. – Es ist so schön einfach, immer wieder die Ursache für den Terrorismus auf andere schieben zu können. – Die Ursachen und auch das wurde heute früh gesagt, müssen wir an anderen Stellen suchen und uns selbst dabei nicht auslassen.
Baustellenflair am FörderturmAuch andere „Probleme“, die wir gerade haben, beseitigen wir nicht durch einfache Schuldzuweisungen an die „Gegenseite“. Das „Phänomen“ Pegida beseitigen wir nicht dadurch, dass wir alle Sympathisanten in die rechte Ecke schieben. Auch in der Flüchtlingsproblematik ist es so, dass die „demokratischen“ Parteien langsam mal erkennen müssen, dass die Fragen, die Ängste und die Probleme gehört, vernommen und abgearbeitet werden müssen. Auch hier gilt, dass die, die sich radikalisiert habe, als Gesprächspartner „verbrannt sind“, aber die anderen muss man einfach langsam mal beachten.
Wir brauchen dringend eine Besinnung auf die Werte des gegenseitigen Miteinander. Wir müssen wieder lernen andere Meinungen zu tolerieren und das gegenseitig zuhören wieder pflegen – auch wenn das gerade vielen als Machtverlust erscheint.
Am CentrO-NeubauUm jetzt noch mal auf das ZDF-Morgenmagazin zurückzukommen, heute Früh machte Aiman Mazyek einen deutlich offeneren Eindruck auf mich, als Frau Heyde und eigentlich kann man nur hoffen, dass seine Worte und sein Angebot auf offene Ohren trifft.